Lars Henning plaudert im Wintergarten

Bei Heimspiel 9 haben wir wieder viele Gäste für euch nach Regensburg eingeladen, wie den Regisseur Lars Henning. Nach dem Screening seines Kinofilmdebüts Zwischen den Jahren haben wir ihn auf die Bühne des Wintergartens gebeten, um eure und unsere Fragen zu beantworten. Von Beginn an war klar, der Regisseur hat unglaublich viel Lust über seinen Film zu sprechen, so war die Stimmung im Kinosaal heiter, es wurde viel gemeinsam gelacht. Moderiert wurde die Q&A von Kristina aus dem Heimspiel-Team, die auch einige Fragen an unseren Gast hatte. Mit Zwischen den Jahren hat Henning seinen ersten Kinofilm abgeliefert, bei dem er nicht nur Regie führte, sondern auch das Drehbuch schrieb. Die Umstellung vom Kurz- zum Langfilm entpuppte sich als weniger anstrengend, als gedacht. Der gebürtige Hamburger und St. Pauli-Fan betonte, dass bei größeren Produktionen auch die Crew größer sei und ihm so mehr abgenommen wurde. Der Bammel vor Filmlänge und Länge der Drehzeit legte sich aber schnell, sodass dem Regisseur nicht die Puste ausging. Henning, Jahrgang 1976, begann seine Karriere als Filmemacher tatsächlich erst spät, wie er selbst betont. 10 Jahre lang hat er bei diversen Filmproduktionen mitgearbeitet, konnte sich aber nie völlig lösen, um eigene größere Projekte zu starten, da ihm die Arbeit einfach zu viel Spaß machte. Umso schöner, dass er nun auch weiterhin plant, Filme zu machen, wie er am Ende des Gesprächs verrät: „Ich würde mich freuen, bald wieder in meinem kleinen und sehr kalten Büro mit Kohleofen zu sitzen, um wieder am nächsten Film zu arbeiten.“ Aktuell steckt er in der Endproduktion eines Tatorts seine ganze Energie, aber wir können in Zukunft auf mehr von ihm hoffen.

Viele Fragen aus dem Publikum drehten sich um die Charaktere im Film, besonders die Hauptfigur Becker faszinierte die Besucher im Wintergarten. Gespielt von Peter Kurth ist die Figur des Beckers die Weiterentwicklung eines Supermarkt-Sicherheitsmannes, den Henning in einem seiner Kurzfilme inszenierte. Zur Entstehung dieser Figur gib Henning eine kleine Anekdote zum Besten: „Ich komm ja aus Hamburg, genauer habe ich lange auf St. Pauli gewohnt. Damals gab es dort einen der ersten 24-Stunden-Supermärkte. Das war schon so halb was Besonderes, auch die Leute aus anderen Vierteln sind dort einkaufen gegangen. Das Prinzip eines solchen Supermarktes ist ja schon lustig, wer geht denn da hin? Studenten denen um vier Uhr nachts noch die H-Milch ausgeht! Auf jeden Fall gab es dort einen Sicherheitsmann, ich dachte mir, der hat den langweiligsten Beruf auf der Welt. Der wirkte auf mich wie ein Stopp-Schild. Kennen sie noch diese Aufsteller von Polizisten, die Autofahrer zum langsamer Fahren animieren sollen? So wirkte der auf mich. Ich wollte diesen Sicherheitsmann in eine moralische Zwickmühle manövrieren und begann an Security zu arbeiten. Aber irgendwie wollte ich dann zu der Figur noch eine Hintergrundgesichte schaffen.“ Die Besetzung des Beckers mit Peter Kurth entwickelte die Figur immer weiter. Kurth bringt bereits viel mit für die Figur, wie Henning betont, er hat eine gewisse Ausstrahlung, die perfekt passte. Henning, der Kurth von einem anderen Projekt bereits kannte, hatte „einfach Lust was mit Peter zu machen“. Um den puren Charakter des Beckers zu unterstreichen, wurden nachträglich aus dem Drehbuch noch Texte gestrichen, sodass Becker nur das Nötigste äußert. Weder Kurth selbst, noch die Figur Becker sind Männer großer Worte und so ist auch Zwischen den Jahren ein Film der mehr über Mimik und Gestik erzählt als über die Sprache.

Neben der Besetzung der Hauptrolle mit Peter Kurth, standen noch viele weitere Nebenrollen aus. Henning plaudert aus dem Nähkästchen, was für ihn der skurrilste Besetzungsvorschlag war: „Dahlmann sollte recht prominent besetzt werden von Seiten der Förderung, da kamen schon einige Vorschläge, die einfach nicht gepasst haben. Am besten und skurrilsten fand ich ja Herbert Grönemeyer. Also klar, der ist ja Schauspieler, aber die Körperlichkeiten von Kurth und Grönemeyer hätten nicht funktioniert, die sind beide stämmig. Ich wollte aber den Fokus auf die unterschiedliche Körperlichkeit legen.“ Alles in allem bereitet Hennig die Besetzung seiner Figuren aber großen Spaß. Wie er selbst sagt, hätte er noch hunderte Rollen besetzen können. Als großes Privileg empfindet der Regisseur die Möglichkeit, Rollen selbst besetzen zu können. Lars Henning vermittelt mit solchen Aussagen immer wieder, wie bescheiden, realistisch und am Boden geblieben er ist. Auch nach der knappen Stunde Q&A mit ihm, stand Henning den Besuchern vor dem Andreasstadel bei einer Zigarette weiter Rede und Antwort und hatte sichtlich Freude über seinen Film sprechen zu können.