Programmtipp 5 – WIR BLICKEN ZURÜCK!

Nicht nur aktuelles Kino steht bei uns im Fokus. Auch 2022 blicken wir auf viele Jahre Filmgeschichte zurück. Dabei interessieren uns neben etablierten insbesondere migrantische, queere und intersektionalen Perspektiven auf das Leben in Deutschland. Nuancenreiche Zeit- und Stimmungsbilder finden wir in Serap Berrakkarasus Arbeiterinnen-Porträt EKMEK PARASI – GELD FÜRS BROT, in John Cameron Mitchels Rock-Musical HEDWIG AND THE ANGRY INCH, oder in King Ampaws THEY CALL IT LOVE, dem ersten in Deutschland gedrehten Langfilm einer PoC.

Außerdem reisen wir mit Roberto Rossellinis Trümmer-Meisterwerk ins GERMANIA ANNO ZERO, Billy Wilders rasante Komödie ONE, TWO, THREE ätzt im geteilten Nachkriegs-Berlin gegen beide Seiten des ‚antifaschistischen Schutzwalls‘, Margarethe von Trottas DIE BLEIERNE ZEIT leuchtet messerscharf die Ambivalenz politischer Widerstände zur Zeit der RAF aus, und nicht zuletzt rechnet Christoph Schlingensiefs TERROR 2000 gnadenlos mit der politischen Gegenwart der 90er-Jahre ab.

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Programmtipp 4: COMING-OF-AGE-HITS

Irgendwann ist alles anders und das Paradies der Kindheit schließt für immer seine Tore. Die großen und kleinen Dramen des Erwachsenwerdens sind Thema gleich mehrerer Filme im diesjährigen Programm:
Während sich in ROOKIES Pariser Jugendliche in eine bessere Zukunft tanzen, verirrt sich eine Schülerin in WE’RE ALL GOING TO THE WORLD’S FAIR in die queere Creepypasta eines seltsamen Online-Rollenspiels. Carlota Peredas Genre-Hit PIGGY behandelt zwischen Coming-of-Age-Dramedy und blutigem Teenage-Revenge-Kino Fat-Shaming unter jungen Frauen. In HEARTBEAST entwickeln zwei Stiefschwestern eine fatale Liebesbeziehung voller manipulativer Psycho- und Machtspiele. Das idyllische Schauermärchen FALCON LAKE nimmt uns mit in einen Sommerurlaub, in dem zwei supersympathische Jugendliche ihre Sexualität entdecken. Unser diesjähriger Abschlussfilm THE FISH TALE ist schließlich ein entwaffnend herzliches Plädoyer fürs Anderssein, in dem die schräge Liebe zu Fischen zeigt, dass es nicht nur den einen richtigen Weg durchs Leben gibt.

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TRANSIT FESTIVALPARTY

Aus dem Kinosessel auf den Dancefloor: Wir präsentieren euch die aktuell spannendsten Pop-Acts und DJs aus Regensburg, München, Hamburg und Wien, begleitet von den projizierten Lichtinstallationen des Visual Artist RMO.
Nach einer mehrteiligen Europatour ihres international herausragend besprochenen neuen Albums “Monsters” (City Slang) haben wir die Ehre, die großartige SOPHIA KENNEDY auf der Transit Festivalparty zu begrüßen – live stets begleitet von Hamburger Schule-Größe Mense Reents (u. a. Die Goldenen Zitronen, Die Regierung, Egoexpress).
Das Wiener Duo ANGER, die nur knapp die ESC-Teilnahme verpasst haben, gewannen stattdessen den renommierten FM4-Award, spielten auf dem diesjährigen Primavera Sound in Barcelona und jetzt auf der Transit Festivalparty!
Die weltweit millionenfach gestreamten SURV aus Regensburg beehren uns nicht nur mit ihrem ersten kompletten Live-Set ever, sondern auch mit einem ihrer bereits legendären DJ Auftritten.
Mit ihrer Residency “Pferdestärken” bei Radio 80000 und DJing in München, Amsterdam, Paris und Berlin wechselt SOPHIE PSCHORR mühelos zwischen den Genres, ohne ihren unverwechselbaren Touch zu verlieren und bringt alle zum Tanzen.
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Programmtipp 3: NEUE VERZWEIFLUNG

Ja, sie ist im Kinojahr 2022 nicht zu übersehen und spiegelt sich schon in so schönen Filmtiteln wie GIVE ME PITY!, SICK OF MYSELF oder ZERO FUCKS GIVEN wider. Selten war die Verzweiflung aber so unterhaltsam, wie in der bizarren Münchhausen-Geschichte AXIOM. Regisseur Jöns Jönssons wird persönlich nach Regensburg kommen, um uns nach dem Screening das Blaue vom Himmel zu lügen. Regisseurin Hanna Doose wird uns nach dem mit Bibiana Beglau und Gina Henkel exzellent besetzten Ensemblefilm WANN KOMMST DU MEINE WUNDEN KÜSSEN in einem Online Q&A live von den Dreharbeiten berichten. In Bill Benz Mockumentary NOWHERE INN wird man Zeuge des verzweifelten Versuchs von Pop-Star St. Vincent, sich als interessante Persönlichkeit zu inszenieren. Und in ATLANTIDE von Yuri Ancarani steigen wir in die aufgemotzten Boote einer prekären Jugend im dunklen Schatten der Touri-Metropole Venedig.

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Programmtipp 2: NEUE FORMEN

Wie unkonventionelles Geschichtenerzählen geht, zeigt uns Regisseurin Ann Oren mit PIAFFE. Ein betörend-sinnliches Filmexperiment um eine junge Sounddesignerin, der plötzlich ein Pferdeschweif wächst. Regisseur Philip Scheffner präsentiert bei uns sein hochkonzeptionelles Spielfilmdebüt EUROPE, in dem sich die Form des Films radikal der Geschichte seiner Protagonistin anpasst. Der Film ist ein wegweisender Beitrag zum politischen Kino der Gegenwart. Signe Baumans feministisches Musical MY LOVE AFFAIR WITH MARRIAGE ist ein über sieben Jahre hinweg entstandener Animationsfilm mit einem absolut einzigartigen Look. Ein sehr, sehr witziger und schlauer Blick auf die soziologischen, biologischen und psychologischen Tücken der Liebe. Maxime Jean-Baptiste experimentiert in seinem Kurzfilm MOUNE Ô mit Found Footage und schaut dabei präzise auf das Fortdauern kolonialer Vermächtnisse. Und nicht zuletzt erklärt uns Narges Kalhor nach dem Screening von IN THE NAME OF SCHEHERAZADE, warum sie für den Film mit sämtlichen Dokumentarfilm-Konventionen und den deutschen Erwartungen an eine iranische Regisseurin radikal brechen musste. Für den Film erhielt Kalhor 2021 den bayerischen Dokumentarfilmpreis.

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Programmtipp 1: NEUE STIMMEN

Insgesamt 16 spannende Debüts haben wir dieses Jahr im Programm! Martika Ramirez Escobars schräges Regiedebüt LEONOR WILL NEVER DIE ist eine farbenfrohe Hommage an das philippinische Actionkino. Julie Lecoustres und Emmanuel Marres ZERO FUCKS GIVEN überrascht mit Goldene-Palme-Gewinnerin Adèle Exarchopoulos in einer maßgeschneiderten tragikomischen Hauptrolle. In HOW TO SAVE A DEAD FRIEND fängt Marusya Syroechkovskaya eine extrem persönliche und zutiefst nahegehende Lebensgeschichte zwischen Heroin, Grunge und grenzenloser Liebe ein. NEPTUNE FROST von Rap-Star Saul Williams zieht uns in ein stimmungsvolles Science-Fiction-Musical, das von Ausbeutung und Sklaverei, aber auch von Stolz, Empowerment und Zusammenhalt erzählt. Auch unser Eröffnungsfilm SONNE von Kurdwin Ayub ist ein Regiedebüt. Zu dessen zweitem Screening am 26.11. kommt uns die charismatische Schauspielerin Law Wallner aus Wien besuchen. Außerdem stellt am Transit-Samstag Mareike Wegener ihren wahnsinnig komischen Krimi ECHO persönlich bei uns vor – gemeinsam mit den tollen Darsteller*innen Valery Tscheplanowa und Felix Römer.

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Podiumsdiskussion FORUM

Sonntag, 27.11., 15 Uhr, Kinos im Andreasstadel, EINTRITT FREI!

Mit dem FORUM wollen wir einen selbsreflektiven Dialog über das Kino als kulturellen und sozialen Raum öffnen. Unsere Podiumsdiskussion knüpft dazu an unsere Retrospektive La Deutsche Vita an, in der wir einen Fokus auf deutsche Selbst- und Fremdbilder im europäischen und außereuropäischen Kino seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs legen.

Mit unseren Speaker*innen – den Regisseurinnen Jeanine Meerapfel, Narges Kalhor und Serap Berrakkarasu sowie den Kurator*innen Malve Lippmann und Can Sungu – fragen wir nach der Wirkung und Veränderung filmisch imaginierter Stimmungsbilder, nach deutschen Befindlichkeiten, national-nostalgischen Mythen und (leit-)kulturellen Deutungshoheiten sowie nach den Kategorien einer deutsch-europäischen Erinnerungs- und Verdrängungskultur.
Wer findet ins (hier: deutsche) Kino und den Filmkanon Einlass und wer bleibt draußen? Es sind nicht zuletzt diasporisch-migrantische und transnationale Perspektiven, die das Wie und Warum filmischer Darstellungsformen in einen kritischen Kontext setzen und deren Bedeutung für unsere Gegenwart ermitteln. Es ist längst an der Zeit, den weißen deutschen Blick mit vielfältigen, intersektionalen Perspektiven zu parieren.

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ANGELA AUX II: INTRODUCTION TO THE FUTURE SELF

Ein transmediales Theaterstück von Pop-Alien Angela Aux II am Transit-Freitag (25.11.) im Ostentor Kino // > Tickets <

Nach dem Untergang der letzten Zivilisation erwachen vier Wesen in einer Zwischenwelt außerhalb der Zeit. Ihre Reise führt sie durch mosaikartige Neuformatierungen des Antropozäns. Über ein spiralförmiges System aus Episoden gelangen sie in den Maschinenraum der Existenz und darüber hinaus: in die Sphären des Übergangs…
Inspiriert von Rosi Braidotti, James Lovelock oder Donna Haraway entführt uns INTRODUCTION TO THE FUTURE SELF mit auf die Suche nach den brennenden philosophischen Antworten unserer Zeit. Weder Dystopie noch Utopie – vielmehr in einem Transitraum fließender, vergänglicher und noch kommender Welten – verbindet die in ihrer Form offene Transmediaarbeit von Pop-Alien Angela Aux II diverse Elemente von Popkonzert, Theater und literarischer Lesung mit Hörspiel, Experimentalfilm, Game-Design, Fashion und vieles mehr. Mitkomponiert wurde das Stück von Beni Brachtel, einem der interessantesten elektronischen Musiker Münchens. Die virtuellen 3D-Welten steuerte das Designteam von Moby Digg in enger Zusammenarbeit mit der Videokünstlerin Susanne Steinmassl bei.

IN-BETWEEN // ZWISCHENTÖNE – Musikfilmsektion

In der thematischen Sondersektion “In-between // Zwischentöne” begreifen wir das kulturelle Jahresthema der Stadt Regensburg auf einer filmisch-sinnlichen Ebene. In dieser Sektion dreht sich alles um die Welt des Hörens und der Musik: Aktuelle Filme über, mit und von Musiker*innen.

LIEBE, D-MARK UND TOD ist ein äußerst lebendiges Zeitdokument: Cem Kaya setzt sich mit der einmaligen Musikgeschichte türkischer Migrant*innen in Deutschland auseinander. Alles andere als dokumentarisch sind GIVE ME PITY! von Amanda Kramer, ein mit Musikeinlagen gespicktes Tele-Varieté à la David Lynch, sowie INU-OH, ein grandios animiertes Metal-Märchen von Masaaki Yuasa. Irgendwo zwischen Dokumentarfilm und schriller Fiktion ist Bill Benz‘ schräge Komödie THE NOWHERE INN über US-Popstar St. Vincent anzusiedeln. Ebenso uneindeutig zeigen sich das feministische Animationsmusical MY LOVE AFFAIR WITH MARRIAGE und unser Kurzfilmprogramm “Zwischentöne: Long Shorts” (MOUNE Ô, X, RIAFN), eine Zusammenstellung dreier kürzerer Filmbeiträge zum Jahresthema der Stadt.

Daneben entführen uns zwei Filme der Sektion in künftige Welten: WILL-O’-THE-WISP von João Pedro Rodrigues ist sowohl Sci-Fi-Musical als auch Feuerwehr-Liebesabenteuer in einem. Anisia Uzeyman und Saul Williams präsentieren uns mit NEPTUNE FROST ein wild pulsierendes Cyberpunk-Musical in der Tradition des Afrofuturismus. Hierzu passend eröffnet die Sektion die trans- und multimediale Science-Fiction-Erzählung INTRODUCTION TO THE FUTURE SELF von Angela Aux II, die live im Ostentor Kino zu sehen sein wird.

Gäst*innen in Online-Q&As

In zahlreichen Online-Q&As sprechen wir nach unseren Festival-Screenings mit den Filmemacher*innen über ihre Filme. Sitzenbleiben lohnt sich also!

So erklärt die Kalifornierin Courtney Stephens den „female travelers gaze“, den sie in ihrem Travelog-Experiment TERRA FEMME herausarbeitet. Daneben spricht die Exil-Russin Marusya Syroechkovskaya über ihr persönliches Videotagebuch HOW TO SAVE A DEAD FRIEND, in dem sie Putins verlorener Jugend ein Gesicht gibt. Auch in Yuri Ancaranis ATLANTIDE geht es um vergessene Jugendliche, hier im Schatten der Tourismus-Metropole Venedig. Regisseurin Amanda Kramer und Schauspielerin Sophie von Haselberg (Tochter von Bette Midler) sprechen in einem gemeinsamen Online-Q&A über den außergewöhnlichen Tele-Varieté-Thriller GIVE ME PITY!

Regisseur Davy Chou stellt sein komplexes wie unvorhersehbares Drama RETURN TO SEOUL vor, das Licht auf das südkoreanische Tabuthema der systematischen Auslandsadoption wirft. Der Londoner Filmemacher Tom Hardiman beantwortet Fragen zu seinem furiosen One-Take-Whodunnit MEDUSA DELUXE. Regisseur João Pedro Rodrigues erzählt uns von seinem schwulen Sci-Fi-Musical WILL-O’-THE-WISP und warum ihm die meisten Arthaus-Produktionen zu wenig spielerisch daherkommen. Außerdem beschreibt die deutsche Schauspielerin Maria Dragus, wie sie sich ihrer Rolle als autoritäre Ordensschwester in Ruth Maders SERVIAM – ICH WILL DIENEN genähert hat.